Am 1. August haben wir den Earth Overshoot Day 2024 erreicht. Dieser Tag erinnert uns daran, dass die Ressourcen unseres Planeten nicht unendlich sind. Ab heute benötigen wir mehr Ressourcen, als die Erde in diesem Jahr regenerieren kann. Der Termin wird jährlich vom Global Footprint Network ermittelt und zeigt, dass wir unsere ökologischen Grenzen immer früher im Jahr überschreiten.
Ein Beispiel: Wenn der leckere Joghurt aufgegessen ist, den Deckel abziehen und beides in der Gelben Tonne entsorgen. Diese Abfälle werden in großen Anlagen sortiert, die mit Magneten oder Luftstrom die einzelnen Materialien gut trennen kann. Hängt der Aludeckel noch am Joghurtbecher, gelingt das nicht. Die Materialien kleben aneinander und können dann nicht recycelt werden. Ein Verlust für den Stoffkreislauf.
Mehr Infos dazu gibt es auch in unserem Alltagsguide zur Müllvermeidung und Ressourcenschonung.
Interview mit aha-Geschäftsführer Thomas Schwarz zum Earth Overshoot Day
Bei "aha on air" spricht aha-Geschäftsführer Thomas Schwarz mit Denise Knoche-Haarstrick über den Earth Overshoot Day. Nachzuhören ist das Interview auch ab dem 26.7.2024 in unserer Mediathek.
Können Sie erklären, was dieser Tag bedeutet und warum er wichtig ist für das Verständnis des ökologischen Fußabdrucks und des Ressourcenverbrauchs der Menschheit? Und was hat das direkt mit uns hier zu tun?
Der Earth Overshoot Day – auch Erdüberlastungstag oder Welterschöpfungstag genannt – beschreibt den Tag, an dem alle erneuerbaren Ressourcen der Erde für das Jahr aufgebraucht sind. Alle Ressourcen, die nach diesem Tag verbraucht werden, können von der Erde im gleichen Zeitraum nicht wieder hergestellt werden – wir leben also für das restliche Jahr über unsere Verhältnisse. Im Übrigen auch hier in der Region Hannover.
Der immer früher stattfindende Earth Overshoot Day hat somit Folgen für unsere Umwelt und Gesellschaft. Durch die übermäßige Nutzung natürlicher Ressourcen wird die Umwelt stark belastet und Ökosysteme werden zerstört, was zu einem drastischen Verlust an Artenvielfalt und Lebensräumen führt. Das ökologische Defizit trägt zudem maßgeblich zum Klimawandel bei, da die Übernutzung mit einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen einhergeht. Hinzu kommt, dass die Ressourcenknappheit zu steigenden Rohstoff- und Produktionskosten führt, wodurch die Wirtschaft belastet wird.
Stellen Sie sich einen Holzfäller vor, der in seiner Waldhütte heizt – so lange er nur so viel verbraucht wie in seinem Wald nachwächst, ist alles gut. Verbraucht er mehr Menge als an Holz nachwachsen kann, dann hat er eines Tages den letzten Baum gefällt und der Wald ist weg. Je nach Kontinent oder Nation ist der Verbrauch von Ressourcen natürlich unterschiedlich hoch und somit ist auch der Tag pro Land entweder früher oder später im Jahr.
Wie wird der Earth Overshoot Day ermittelt? Und was hat das mit der Abfallwirtschaft zu tun?
Für die Berechnung des Earth Overshoot Day wird das Vorkommen von ökologischen Ressourcen in ein Verhältnis zum Verbrauch dieser gesetzt. Die zwei wichtigsten Komponenten der Berechnung sind somit die Biokapazität und der ökologische Fußabdruck.
Die Biokapazität bezieht sich dabei auf die Menge an Land- und Wasserflächen, die für den Menschen nutzbar sind. Darüber hinaus werden auch Landflächen zur Bindung und Speicherung von CO₂-Emissionen betrachtet.
Der ökologische Fußabdruck hingegen misst als Gegenstück zur Biodiversität den Verbrauch ökologischer Ressourcen einer Bevölkerung. Das umfasst zum Beispiel die Lebensmittelproduktion, die Herstellung von Gütern, die Energiegewinnung oder den Aufbau von Infrastrukturen.
Auch die Entsorgung von Abfällen sowie der Ausstoß von Treibhausgasen spielt beim ökologischen Fußabdruck eine Rolle.
Wann ist der Erdüberlastungstag 2024 in Deutschland?
2024 fällt der Erdüberlastungstag in Deutschland auf den 2. Mai. Er ist damit zwei Tage früher als 2023, als der Earth Overshoot Day in Deutschland am 4. Mai war. Umgerechnet bedeutet das, dass Deutschland in einem Jahr ungefähr dreimal so viel verbraucht, wie das eigene Ökosystem bereitstellen kann. Wenn alle Menschen leben würden wie wir in Deutschland, würden wir somit ungefähr drei Erden benötigen.
Wann ist eigentlich der Globale Earth Overshoot Day im Jahr 2024?
Auf welchen Tag der weltweite Earth Overshoot Day 2024 fällt, wird standardgemäß am 5. Juni, dem internationalen Weltumwelttag, bekannt gegeben. Erfahrungsgemäß dürfte der Earth Overshoot Day auf ein Datum rund um den Vorjahreswert fallen, den 2. August. Mit wenigen Ausnahmen zeigte der Trend der vergangenen Jahrzehnte jedoch, dass der Earth Overshoot Day immer früher stattfindet. Das macht betroffen, selbst wenn wir in Niedersachsen noch oft das Gefühl haben, die Welt ist in Ordnung, auch hier erleben wir klimatische Veränderungen und unberechenbare Unwetter. Dies steht im direkten Zusammenhang und ist nicht mehr von der Hand zu weisen.
Natürlich gibt es Unterschiede, was die Höhe des Verbrauches angeht, weil ein Phänomen wie Verlust an Bodenqualität – also weniger Humus in der Erde nicht exakt bestimmt werden kann, aber dem Grunde nach gibt es einen Grundkonsens in der Wissenschaft, dass wir mehr verbrauchen als nachwächst.
Welche Maßnahmen können gegen den Ressourcenverbrauch ergriffen werden? Sind wir in Deutschland nicht schon Recyclingweltmeister?
Ressourcenknappheit, Verlust der Biodiversität, Klimawandel und Co. – die fortschreitende Überlastung der Erde stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Umwelt, die Gesellschaft und die Wirtschaft dar. Um dem übermäßigen Ressourcenverbrauch entgegenzuwirken, müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden.
Denn Deutschland rühmt sich zwar mit dem Titel „Recyclingweltmeister”, produziert zugleich aber riesige Mengen an Müll. Doch mit dem Abfall-Problem soll bald Schluss sein. Das verspricht zumindest das Ziel der Kreislaufwirtschaft, die die EU bis 2050 umsetzen möchte.
Getrenntsammlung wurde vom Gesetzgeber durchgesetzt, zunächst weniger mit dem Hintergedanken, ein gutes Recycling anzustoßen, sondern aufgrund der Sorge, dass der Deponieraum knapp wird.
Mittlerweile sind Altglas und Altpapier die Vorzeigematerialien für Recycling. Bei Kunststoffen ist es etwas komplizierter. Erst mal: es ist nicht, dass Material, was das Problem ist, es ist der Umgang mit dem Stoff, der Probleme auslöst.
Verpackungen sind wichtig. Sie schützen Lebensmittel oder Wertgegenstände. Selbst ein kleiner Abriss an Frischhaltefolie erhält eine Melonenhälfte lange noch genießbar. Wir haben mal am Beispiel einer Käseverpackung eine Ökobilanz gerechnet. 98% des CO2-Gegenwertes stecken im Käse 2% in der Verpackung. Wenn die Verpackung gasdicht ist, dann kann unter Schutzgasatmosphäre – sprich mit Stickstoff – die Haltbarkeit um einige Wochen erhöht werden.
Natürlich kann die Unterschale – meist aus PE (Polyethylen) gut wiederverwertet werden – Sie kennen das aus den Wasserflaschen. Der Deckel, in der Regel eine dünnere Folie, die auch bedruckt ist, kann nicht in den Stoffkreislauf zurück. Selbst dann ist es immer noch besser es wird verbrannt – wir sprechen von einer Kaskadennutzung – ist das allemal besser, als wenn es, z.B. beim Picknick weggeworfen, in der Landschaft und letztlich im Meer landet.
Wir alle können zum Recycling beitragen, etwa indem wir Deckel und Unterschale des Joghurtbechers trennen und nacheinander in die Gelbe Tonne geben.
Könnte Recycling und Kreislaufwirtschaft dazu beitragen, den Earth Overshoot Day zu verzögern? Und hat die Abfallwirtschaft einen direkten Einfluss auf den Ressourcenverbrauch und die Umwelt?
Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem Ressourcenverbrauch ist der Umgang mit Abfällen. Das ist allerdings nicht nur eine Aufgabe der Abfallwirtschaft, denn dafür ist auch ein Umdenken in der Politik und Gesellschaft notwendig. Wir müssen weg von der Linearwirtschaft bzw. der Wegwerfgesellschaft und hin zur Kreislaufwirtschaft. Produkte müssen langlebiger gestaltet werden, reparierbar sein und emissionsarm hergestellt werden. Die Abfallmenge muss deutlich reduziert werden und die Abfälle, die trotzdem anfallen, müssen fachgerecht recycelt werden und dem Kreislauf erneut zugeführt werden.
Darüber hinaus müssen auch andere Bereiche unserer ressourcenintensiven Gesellschaft verändert werden: die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude sind noch heute die größten Verursacher von Treibhausgas-Emissionen. Dabei spielt auch die Wiederherstellung von natürlichen Ökosystemen eine entscheidende Rolle. Als natürliche CO₂-Senken, Lebensräume und Wasserspeicher sind Moore, Wälder, Seen und Co. unverzichtbar für eine nachhaltige Zukunft.
Können Sie uns erklären, was Kreislaufwirtschaft und Green Economy bedeuten und wie sie helfen können, den Ressourcenverbrauch auch in der Region Hannover zu verringern und die Umwelt zu schützen?
Die Idee der Kreislaufwirtschaft – auch Circular Economy genannt – ist im Grunde, dass Abfälle auf ein Minimum reduziert werden. Nach diesem Prinzip sollen Produkte und Materialien z. B. durch die Bauweise oder Reparatur so lange wie möglich genutzt werden. Defekte oder nicht mehr nutzbare Produkte werden schlussendlich durch Recycling oder zur Energiegewinnung dem Kreislauf als Rohstoffe wieder hinzugefügt. So entsteht ein geschlossenes System, dass es uns ermöglicht, Rohstoffe nachhaltiger sowie effizienter zu nutzen.
Wie wichtig ist es, den Earth Overshoot Day zu verstehen und welche Schritte können unternommen werden, um nachhaltiger zu leben?
Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft steht unserem bisherigen System – der Linearwirtschaft – konträr. In der Linearwirtschaft liegt der Fokus vor allem auf der Massen-Produktion, die Entsorgung spielt dabei eine untergeordnete Rolle. So landen die meisten Produkte am Ende ihrer Lebenszeit auf der Mülldeponie oder werden verbrannt. Das Ergebnis: Einmal-Produkte, Plastikverpackungen und Co. prägen unseren Alltag. Günstig in der Herstellung, aber schlecht für Mensch und Umwelt.
Deshalb soll die Linearwirtschaft auch bald der Vergangenheit angehören, zumindest wenn es nach der Europäischen Union geht. Sie verfolgt entsprechend das Ziel bis 2050 eine CO₂-neutrale, ökologisch nachhaltige, giftfreie und vollständig kreislauforientierte Wirtschaft zu erreichen. Einige verschärfte Maßnahmen wie das Verbot zahlreicher Wegwerfprodukte aus Plastik konnten wir in den letzten Jahren bereits beobachten.
Welche kleinen Schritte können wir alle hier im Alltag zu unternehmen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern? Insbesondere was Abfallvermeidung und Ressourcenschonung angeht?
Ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft ist die Vermeidung von Müll. Je weniger Abfall von vornherein anfällt, desto besser. Denn die Vorteile der Kreislaufwirtschaft liegen auf der Hand und lassen sich vor allem in zwei Kategorien einteilen. Zum einen dient sie dem Schutz von Umwelt und Klima. Durch die erhöhte Nutzungsdauer von Produkten, der Vermeidung von Abfällen sowie der Wiederverwertung von Rohstoffen kann die Emission von Treibhausgasen stark reduziert werden. Hinzu kommt, dass unkontrollierte Abfälle in der Natur wie z. B. in den Ozeanen durch die bewusstere Nutzung vermieden werden. Zum anderen werden Rohstoffe und Ressourcen zunehmend knapper. Durch Recycling können wertvolle Rohstoffe wiedergewonnen werden und für die Produktion neuer Geräte genutzt werden. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft.
Angefangen bei der Mülltrennung zuhause sowie in Wertstoffhöfen bis hin zum umfangreichen Pfand-System, Recycling ist in Deutschland ja vieles möglich. Durch bewussten Konsum und die Wertschätzung dessen, was wir haben, können wir unseren Fußabdruck verringern. Das bedeutet: Reparieren statt neu kaufen und generell weniger Müll produzieren. Und wenn, dann ordentlich getrennt entsorgen.